Wie kann ich Aufgaben stellen, die weniger dafür anfällig sind, dass sie ausschließlich von einer KI erledigt werden?

Bei hinreichend komplexen Fragestellungen zeigt sich, dass die von einer textgenerierenden KI-Anwendung im ersten Schritt generierten Texte nicht unbedingt den Anforderungen entsprechen. Meist sind mehrfache, sehr gezielte Rückfragen und entsprechendes Fachwissen erforderlich, um für die gestellte Aufgabe adäquate Texte erzeugen zu lassen. Diese Art der Steuerung zu trainieren und zu beherrschen ist perspektivisch eine wichtige Kompetenz, die den Schülerinnen und Schülern vermittelt werden soll.

Es ist möglich, die Lernenden durch herausfordernde, interessante Aufgabenstellungen zum eigenständigen Arbeiten zu motivieren und ihnen zu verdeutlichen, warum eigene, selbstständige Schreiberfahrungen wichtig sind, um die Qualität fremder und eigener Texte reflektiert beurteilen zu können. Die Thematisierung dieser Perspektive kann vor allem in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Lernenden gelingen.

Alle genannten Aspekte werden dazu beitragen, dass Lern- und Leistungsaufgaben weiterentwickelt werden müssen. Schon jetzt ist es sinnvoll, bestehende Formate zur Überprüfung von Lernleistungen so zu kombinieren, dass sie den Arbeitsprozess der Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen und weniger anfällig dafür sind, allein durch den gezielten Einsatz von KI verändert zu werden.

Für Projekt- oder Facharbeiten kann dies z. B. bedeuten, dass ein eigener, individueller Forschungsauftrag empirischer Art oder Versuchsreihen, die sich auf die spezifische Unterrichtssituation beziehen, einbezogen werden (siehe auch unten: individuelle Bezüge). Auch der Begleitung des Arbeitsprozesses kommt eine wesentlich größere Bedeutung zu. Im Gespräch mit den Lernenden wird deutlich, inwieweit sie sich mit den Inhalten auseinandergesetzt haben. Darüber hinaus kann eine abschließende Präsentation mit einem Gespräch über die Arbeit verdeutlichen, dass die Leistung selbstständig erbracht wurde bzw. KI-gestützt erarbeitete Textpassagen nicht unreflektiert übernommen, sondern als solche gekennzeichnet wurden.

Im Unterricht ist es notwendig, die Lernenden durch kreative, herausfordernde und lebensweltbezogene Aufgabenstellungen, die Öffnung von Lernarrangements und die Realisierung von Peer-Ansätzen zu motivieren und anzuleiten, ihren Lernprozess mitzugestalten.

Stellschrauben für die Aufgabenentwicklung:

Wenn individuelle Bezüge in Lern- und Leistungsaufgaben integriert sind, kann die KI diese nicht ohne weiteres berücksichtigen, so dass eine Eigenleistung der Lernenden erforderlich ist. Wenn beispielsweise eine Umfrage in der Klasse, ein Experiment, eine Kartierung, eine eigene Datenerhebung, das eigene Hobby, ein selbst gewählter Schwerpunkt mit Bezug zum Wohnort oder der Vergleich mit der Darstellung eines Mitschülers oder einer Mitschülerin enthalten ist, können KI-Textgeneratoren die Aufgabe nicht vollständig übernehmen. Darüber hinaus kann es zur Motivation der Lernenden beitragen, wenn ein Thema aus einer individuellen, selbst gewählten Perspektive bearbeitet werden kann.

Ein Format- oder Medienwechsel in der Aufgabe führt dazu, dass die Lernenden ihr Wissen eigenständig umsetzen müssen. So kann die KI zwar Anregungen für die Erstellung eines Plakats, eines Erklärvideos, eines Podcasts, eines Songs oder eines Standbildes geben, die adäquate Umsetzung und damit die Auseinandersetzung mit den Inhalten muss jedoch durch die Lernenden erfolgen. Darüber hinaus kann so auch die argumentative Kompetenz der Lernenden gefördert werden, indem sie verstärkt aufgefordert werden, ihre eigenen Entscheidungen, Analysen oder Formate zu begründen.

Formatives Assessment - d.h. prozessbegleitende Beobachtung, Rückmeldung bzw. Feedback – kann darüber hinaus dazu beitragen, die Eigenständigkeit der erbrachten Leistungen zu sichern. Darüber hinaus fördert es die Motivation und Akzeptanz der Lernenden, eigene Texte zu verfassen, wenn diese durch wiederholtes, individualisiertes und zeitnahes Feedback kontinuierlich verbessert werden können. Statt mehrere, immer wieder neue Texte für den Unterricht zu verfassen, werden weniger, dafür aber bessere, mehrfach überarbeitete Texte produziert. Die Lehrkraft kann sich in ihrem Feedback auf wesentliche Aspekte beschränken. Auch das Einfügen längerer Textteile aus einer KI wird durch den kontinuierlichen Feedbackkontakt zwischen Lehrperson und Lernenden unwahrscheinlicher.

(vgl. Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen: Ein Handlungsleitfaden, Ministerium für Schulen und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen)